Glossen - “Anders hing’schaut!”

Welches Problem beim Erlernen, Verbessern und Umsetzen eines persönlichen Tennis auch immer auftaucht, die Standardantwort, mit der man zumindest konfrontiert werden wird, ist immer eine solche in die Richtung, wie man es „richtig“ hätte machen sollen.

Was sonst, würden die Befürworter dieses Denkschemas sagen, sollte man  sagen, als wie es richtig ginge, sollte man vielleicht sagen, das war in Ordnung oder gar, wie man es auch anders falsch machen könnte.

Wenn immer irgendetwas schief läuft, ist per definitionem natürlich Hochkonjunktur der schlauen, apodiktischen und scheinbar klaren Richtigkeitsvorstellungen.

Aber – und genau das wissen wir auch alle, die wir Tennis spielen, dieses „Spiel des Lebens“ – führt trotz dieser genialen Ausgangslogik des „der Feind meines Feindes ist mein  Freund“ zwischen „Falsch und Richtig“ nicht zwangsläufig zum gewünschten Ergebnis.

Dies deshalb, weil die der „Feind meines Feindes ist mein Freund“ - Logik auch wiederum gravierende Schwächen aufweist, die im Tennis konkret darin liegen, dass sie die Komplexität dieses Spiels ignoriert, dass sie keine persönlich- individuellen Zuordnungen zulässt und dass sie vor Allem eventuelle Endzielaspekte dieses Spiels fälschlicherweise als zentrale Lernstrategie empfiehlt.

Einfacher gesagt, erkennt man sehr leicht, dass etwas falsch war, wenn etwas schief gegangen ist, in diesem Spiel, man hat aber noch lange keine Garantie dafür, dass das angeblich aus dieser „Analyse des Falschen“ abgeleitete „Richtig“ dann besser funktioniert.

Dieses „du musst nicht recht haben, du musst recht bekommen“ ist mein Thema; ich habe es in meinem Buch „Spielen Sie noch richtiges Tennis oder gewinnen Sie schon was“ auf eine kabarettistisch- philosophische Weise rauf – und runterdekliniert.

Dem Grunde nach geht es um die Frage, wo dir ein Perfektionismus etwas bringt, wo er dich fördert aber auch, wo er dich blockiert und es geht auch darum, ob es überhaupt dein Perfektionismus ist, der dich treibt oder ob es nicht doch mehr ein „gesellschaftlich anerkannter und akzeptierter Perfektionismus“, von dem man sich treiben lässt.

Das Buch selbst, sag ich immer in einem „bescheidenen“ Vergleich, ist wie das „Kapital“ von Karl Marx. Und damit meine ich noch nicht einmal primär „die Entfremdung des Spielers von den Zielen“ sondern hauptsächlich den Umstand, dass man es in seiner Bibliothek stehen haben und daraus zitieren können muss, aber es nicht unbedingt gelesen haben muss, damit es seine angedachte Wirkung entfaltet.

Ich habe versucht in diesen Glossen, die ich dankenswerterweise sowohl bei Zischka als auch bei Tennistraveller veröffentlichen darf, dieses „Anders hing`schaut“ – Paradigma, das all meine Betrachtungen leitet, auf konkretere Situationen runterzubrechen.

Wie in all meinen Publikationen möchte ich damit primär unterhalten und im besten Fall auch jene Menschen anregen, die ähnlich denken und ein gewisses Unbehagen verspüren angesichts der Tugendstrenge, die in unserem Sport eindeutig die Meinungshoheit innehat.

Weiter Glossen folgen im April 2023.


Glosse 1

2 Tennislehrer, 3 Meinungen?

Wer kennt es nicht, Tenniscamp, man freut sich das ganze Jahr darauf, die Location ist schön, das Wetter passt, das Hotel großartig, das Apres-Tennis unter Gleichgesinnten wunderbar, der Trainer ist zwar irgendwie o.k., aber verwirrt mich total.


Glosse 2

Nicht alles, was im Tennis schief geht, ist auch ein technischer Fehler

„Wer nur einen Hammer zur Verfügung hat, wird primär nach Nägeln suchen!“ beschreibt ein Sprichwort aus der Handwerksbranche das, was man als „systemimmanentes und systemerhaltendes Denken“ bezeichnen könnte. Unser Hammer in der Tenniswelt ist die „technische Korrektur“.


Glosse 3

„Coach me like Djokovic“

Ich hatte in meinem Berufsleben als Tennislehrer das Glück, einem der erfolgreichsten Tennistrainer, Niki Pilic, dabei zusehen und teilweise sogar assistieren zu dürfen, wie der einen der erfolgreichsten Tennisspieler, Novak Djokovic, ausgebildet hatte.
Wie so oft im Leben und auch im Tennis war das aus meiner persönlichen Sichtweise heraus eine klassische „Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt!“-Nummer.


Glosse 4

Wie mir Niki Pilic den isolierten Wert des Mindsets zeigte und mir gleich auch meine Vorhand repariert hatte!

Schon einmal eine interessante Einleitung; es gibt nicht viele Menschen auf diesem Planeten, die mir zu meiner Vorhand was sagen dürfen, aber Pilic gehört ganz sicher dazu und der frägt interessanterweise vorher, ob ich das hören will!


Glosse 5

Wer hat eigentlich den völlig schwachsinnigen Satz erfunden, dass man Tennis „gleich richtig“ erlernen müsste?

Wer jemals einen Anfänger im Tennis unterrichtet hat oder gar ein Kind, das mit Tennis anfängt, der wird sich – selbst wenn er sich bemüht diesem „Gleich-Richtig“-Lernanspruch nachzukommen – fragen, wie das denn zusammengehen soll mit der Realität, mit der man es da zu tun haben wird.


Glosse 5

Die wahren Engelszungen gegenüber der Rückhand – Anja hatte nur die Vorhand – Anja!

Anja, meine kleine Vorhand-Göttin aus der DDR, die kostete mich, wie Ostbahn-Kurti es in seiner Cover Version zu Frank Zappas Bobby Brown so schön formuliert hatte, „viel Spaß und auch viel Überlegung“.

Diese personifizierte Mischung aus Feminismus und revolutionären Erfahrungen, eingebettet in einen Schaum von Unterdrückungstrauma, wie Ostbahn Kurti es gesagt hätte,  hat mich in Form von der Anja überrollt.